Freitag, Februar 12, 2016

Gravitationswellen nachgewiesen

Dieser Beitrag ist Hanns Ruder (1939 - 2015) gewidmet.

Erstmals wurden Gravitationswellen direkt nachgewiesen!

Wenn man von einer Jahrhundertentdeckung [1] sprichtsollte Vorsicht geboten sein. Im Falle des Nachweises von Gravitationswellen halte ich als Physiker dies allerdings für wirklich angebracht. Albert Einstein hat die dazu notwendige Theorie, die Allgemeine Relativitätstheorie (auch gerne als ART bezeichnet) 1916 aufgestellt. Die darin enthaltenen Differenzialgleichungen beschreiben das mögliche Ausbreiten von Wellen in Form einer Raumzeitverzerrung.
Die Verschmelzung der beiden schwarzen Löcher in einer guten Simulation

Dies ist, andere Physiker mögen mir die Vereinfachung verzeihen, ähnlich wie bei den Maxwellgleichungen, die im 19. Jahrhundert (1861-1864) entdeckt wurden und aus denen die Ausbreitung der Elektromagnetischen Wellen folgt. Sie sind die Grundlage von fast allem, was mit heutiger Kommunikation zu tun hat: Licht, Radiowellen und auch Röntgenstrahlen.
Quelle des Videos ist der lesenswerte Artikel zur Entdeckung in der FAZ

Bedeutung für das tägliche Leben

Die Messungen erforderten derart genau Messungen, dass schwer vorstellbar ist, dass dies für alltägliche Anwendungen irgendeine direkte Bedeutung hat.
Aber die Bedeutung liegt an einer anderen Stelle: Durch die Bestätigung der Gravitationswellen ist ein sehr wichtiger Baustein der Relativitätstheorie bestätigt. Damit ist es nicht mehr nötig nach einer anderen Erklärung zu suchen, warum sich die Wellen der Gravitation bisher nicht nachweisen ließen.

Dies ist ähnlich wie auf einer Suche nach einem Reiseziel. Wenn man die richtige Autobahnauffahrt gefunden hat, dann weis man, man kommt jetzt schnell voran. Ähnlich läuft es bei der Suche nach dem physikalischen Wissen, auf dem unsere Kultur basiert. Wenn eine wichtige Theorie eine derart zentrale Bestätigung erhält, dann weis man, diese Theorie ist im Kern richtig.

Die Beobachtung macht den Weg frei

Durch die Beobachtung kann man zum einem viele alternative Theorien zur Gravitation zu den Akten legen und zudem kann man aus Details der Beobachtung relevante Rückschlüsse auf die Raum-Zeit Struktur des Universums folgern. 
In der Physik gibt es ein zentrales Forschungsproblem: Quantenmechanik und Relativitätstheorie sind nicht vereinbar. Das 20. Jahrhundert hat zwei fundamentale Naturbeschreibungen hervorgebracht: Die ART von Albert Einstein und die Quantenmechanik. Mit der Quantenmechanik können wir heute so praktische Sachen wie Energiesparende LEDs bauen, aber auch der Computer an dem ich diesen Blog schreibe wäre ohne Verständnis der Quantenmechanik nicht denkbar.
Merkwürdigerweise sind aber beide Theorien nicht verträglich. Es muss noch eine tieferliegende logische Struktur geben, auf der unser Universum basiert. Um diese zu erforschen, ist es äußerst hilfreich, dass die Gravitationswellen entdeckt wurden. Es ist wie ein blaues Autobahnhinweisschild, wir sind auf dem richtigen Weg.

Das Ziel

Wann wie und in welcher Form die Quantentheorie und die Relativitätstheorie zusammengeführt werden, vermag ich natürlich nicht zu sagen, aber die Bedeutung ist, um wieder auf das 19. Jahrhundert zurückzukommen, vergleichbar mit dem Zusammenführen von Magnetismus und Elektrizität in den Maxwell Gleichungen. Danach hat sich die menschliche Zivilisation grundlegend verändert. Der Elektromotor und Generator haben das Energiesystem mit Strom ermöglicht. Die Radiowellen und das Licht haben unser Kommunikationssystem bis hin zum Internet und Mobilfunk ermöglicht.
Welche völlig neuartigen Möglichkeiten eine Theorie die Quantenmechanik und Relativitätstheorie vereint, kann man kaum erahnen.

Unser Weltbild auf einem besserem Fundament

Seit Newton und Galilei versucht die Physik unsere Welt auf Basis von Experimenten und mathematisch formulierter Theorien zu verstehen. Das ist bisher erstaunlich gut gelungen. Die Entdeckung der Gravitationswellen ist dabei ein klassisches Beispiel: Das Michelson-Morly-Experiment hat 1887 gezeigt, dass die Lichtgeschwindigkeit konstant ist. Daraus hat Einstein letztendlich die Allgemeine Relativitätstheorie abgeleitet und die Gravitationswellen vorhergesagt. Deren Entdeckung haben wir jetzt erlebt! Damit ist eine Theorie fundamental bestätigt.

Einige erstaunliche Zusammenhänge

Die erste Pointe an der Bestätigung ist: Für die Aussendung der Gravitationswellen waren schwarze Löcher verantwortlich, die ebenfalls von der ART (erkannt von Schwarzschild) vorhergesagt wurden.

Die zweite Pointe ist, das Messsystem basiert auf einem LASER, einer quantenmechanischen Form der Lichtverstärkung die ebenfalls von Einstein vorhergesagt wurde.

Die dritte Kuriosität ist, dass die Messung mit einem Michelson Interferometer erfolgte, das auch für die Entdeckung der Relativitätstheorie eine zentrale Rolle spielte.

Quellen:
[1] B. P. Abbott et al. (1000 Autoren!), Observation of Gravitational Waves from a Binary Black Hole Merger, PRL 116, 061102 (2016)

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